Es ist die Frage, ob es Biographien von Sportlern tatsächlich braucht. Rechtfertigt ihre Bedeutung, dass Journalisten/Autoren sich jahrelang mit ihnen beschäftigen? So intensiv auseinandersetzen, wie Pletzinger das tut? Sieht man die Leidenschaft, mit der echte Fans „ihrem“ Sport regelmäßig huldigen, sei es Fußball, Eishockey oder eben Basketball, dann spricht einiges dafür. Natürlich sind auch andere Sichtweisen möglich. Dirk Nowitzki ist in jedem Fall das deutsche „Role Modell“ eines Basketballspielers. So wie es Steffi Graf und Boris Becker für Tennis oder Michael Groß und Franziska van Almsick für das Schwimmen waren. Nowitzki ist das deutsche Synonym für erfolgreichen Basketball – und genau deswegen hat mich dieses Hörbuch interessiert.
Pletzinger, selbst einst Basketballer, zeigt mehr als die einzelnen Stationen von Dirk Nowitzkis grandioser Karriere. Er beleuchtet die Entwicklung des deutschen und internationalen Basketballs seit dem Zweiten Weltkrieg. Das ist ein sehr erhellender Beitrag zur deutschen Sportgeschichte für eine Randsportart, deren Professionalisierung hier erst Mitte der 1990er Jahre begann. Nowitzkis Leistung mit seinem geheimnisvollen Coach Holger Geschwindner ist dabei nicht zu überschätzen. Seine Philosophie „des Spiels“, seine Akribie und Leidenschaft in der Vorbereitung und Umsetzung beeindrucken. Der Mann trainierte über 25 Jahre hart. Unerbittlich gegen sich selbst und seinen Körper. Er definierte Typus und Möglichkeiten eines großen Basketballers neu und veränderte so das Game. Eine unglaubliche Disziplin zeichnet diesen Mann aus, der in seiner Karriere zwei lange Stationen hatte. Die DJK Würzburg und die Dallas Mavericks, die er 2011 zur NBA-Meisterschaft führte. Dort spielte er bis zum Karriereende 2019.
Es ist Pletzingers Verdienst in seinem Buch die außergewöhnliche Entwicklung die Nowitzki und der internationale Basketball unter seinem Einfluss nahmen in feinen Strichen zu zeichnen. Pletzinger transportiert mit seinen Worten die Empathie, die echte Fans für ihren Sport haben. Seitenlang beschreibt er auf sehr fesselnde Weise Spiele, Spielzüge und Details aus großen und kleinen Spielen und Trainingseinheiten. Das ist kein bisschen langweilig sondern immer wieder aufregend. Als säße man am Spielfeldrand.
Ob der Autor es geschafft hat, Dirk Nowitzki zu verstehen, zu entschlüsseln, wie er es wollte, ist schwer zu sagen. In jedem Fall ist es ein großes Vergnügen Pletzinger bei dem Versuch zuzuhören, auch weil Julian Mehne als Sprecher überzeugt. Und so ist diese biographische Auseinandersetzung mehr als ein Bericht, sie ist fast ein Roman und Pletzinger einer seiner eigenen Protagonisten.
Argon Verlag. August 2019. Ungekürztes Hörbuch. 15 Std. 23 Min.