Ein Blick hinter die Fassade der amerikanischen Gesellschaft. Philip Roth betrachtete Ende der 1990er den Lebenslauf eines (imaginären) Schulkameraden. Schonungslos enttarnt er dessen zur Schau getragenen Lebenslügen, symbolisch für den american way of life. Dabei überrascht er den Leser/Hörer immer wieder.
Protagonist, ist neben dem Erzähler, der „Schwede“. Der blonde Spross einer jüdischen Einwandererfamilie hat Mitte des 20 Jahrhunderts alles, was man sich wünschen kann. Er ist ein sportliches Idol, attraktiv und Nachfolger seines Vaters in einer gut laufenden Fabrik. Die Zukunft des Schweden scheint vorgezeichnet und golden. Doch am Ende des Lebens treffen sie sich wieder. Der erfolgreiche Unternehmer und der Schriftsteller gehen gemeinsam Abendessen. Der Schriftsteller ist zunächst geblendet vom Idol seiner Schulzeit – aber nach dem Dinner gelingt es ihm, einen tiefen Einblick in das Leben des Schweden zu nehmen. Er offenbart eine unerwartet dramatische Lebens- und Familiengeschichte, die Spiegel der gesellschaftlichen amerikanischen Entwicklung nach 1950 ist.
Amerikanisches Idyll ist ein meisterhaft erzählter Roman, der in seiner Schonungslosigkeit schockiert. Man leidet mit dem „Schweden“, dem scheinbaren Gewinner, der im Laufe des Lebens schwere Enttäuschungen hinnehmen muss, selbst wenn nicht ganz klar ist, was Fiktion und was Realität ist. Toll gelesen von Christian Brückner.
Parlando. 2014. 12 Stunden, 58 Minuten.