„Oha, was ist denn das?“, dachte ich zuerst, als ich kurz in die erste Folge von Im Untergrund reinhörte. Der Audible Original Podcast beginnt mit O-Tönen eines bayerischen Polizisten und man fragt sich was soll das bedeuten? Es dauert ein paar Minuten, bis man das Setting des Podcasts begreift, etwas hinderlich sind dabei die Musik-Elemente. Auch sie werden nach und nach als ordnende Elemente wahrnehmbar, eigentlich bräuchte es sie aber nicht.
Im Untergrund von Patrizia Schlosser stellt sich einer Mamut-Aufgabe. Die junge Journalistin recherchiert Hintergründe, Geschichte und Personen der RAF. Das ist nicht neu, aber mutig, denn Schlosser nimmt Kontakt zu vielen (ehemaligen) Mitgliedern der radikalen Bewegung auf. Sie trifft sich mit ihnen und gibt der Öffentlichkeit interessante Einblicke in eine nahezu verborgene Welt. Mit dabei ist ein ehemaliger Münchner Polizist, der Vater von Patrizia Schlosser. Er war 1972 beim Attentat auf die israelische Olympia-Mannschaft im Dienst und ist damit Zeitzeuge und emotional Beteiligter zugleich. Dieses Team, die weltoffene, vermutlich etwas links tendierende Journalistin, und ihr konservativer, erfahrener Vater ergeben eine spannende Mischung. Schlosser führt durch den 7-teiligen Podcast, doch oft kommt ihr Vater zu Wort, er begleitet sie sogar zu Recherchegesprächen. Die Podcast-Serie ist gespickt mit aktuellen und zeitgeschichtlichen O-Tönen. Sie informiert und zeigt geschickt neue Aspekte der RAF-Geschichte. Allerdings wird es gegen Ende, so ab Podcast 5, etwas zäh. Dennoch: So geht Geschichtsvermittlung heute!
Im Untergrund ist das absolut hörenswerte Ergebnis einer mutigen Recherche-Arbeit, das zeigt: die ehemaligen RAF-Mitglieder sind weiter unter uns. Ein verdienstvolles Stück Zeitgeschichte, das den Linksradikalismus ins Zentrum stellt und ihm einen gesellschaftlichen Kontext gibt.
Audible. Podcast. Dezember 2017. Sieben Teile zu je ca. 50 Minuten.